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Vor rechtlichen Konsequenzen schützen
Scheinselbstständigkeit: Kriterien + Abgrenzung
In unseren Seminaren taucht immer wieder die Frage auf, wann man Scheinselbstständig ist und wann nicht. Da die Antwort nicht ganz einfach ist, haben wir nachstehend die wichtigsten Kriterien für die Scheinselbstständigkeit zusammengestellt und geben Tipps zur Abgrenzung und damit zur Vermeidung von Konsequenzen.
Das Gesetz unterscheidet zwischen selbstständiger Tätigkeit und abhängiger Beschäftigung. „Scheinselbstständigkeit“ bezieht sich auf die rechtliche Situation, bei der eine Person, die selbstständig tätig zu sein scheint, eigentlich als abhängig beschäftigt gilt.
Die Bestätigung der Scheinselbstständigkeit kann erhebliche steuerliche und sozialversicherungsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.
Definition
„Als scheinselbstständige Arbeitnehmer werden Personen bezeichnet, die formal wie selbstständig Tätige (Auftragnehmer) auftreten, tatsächlich jedoch abhängig Beschäftigte im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV sind.“
Kriterien Scheinselbstständigkeit
Es gibt verschiedene Kriterien, die darauf hinweisen können, dass es sich um Scheinselbstständigkeit handelt. Dazu gehören die Weisungsgebundenheit, die Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Auftraggebers und die fehlende unternehmerische Gestaltungsfreiheit.
Weisungsgebundenheit:
Ein Kriterium für die Scheinselbstständigkeit könnte vorliegen, wenn der Auftraggeber der selbstständigen Person detaillierte Weisungen gibt, wie die Arbeit zu erledigen ist. In einem klassischen Selbstständigkeitsverhältnis sollte die Person mehr Spielraum und Entscheidungsfreiheit bei der Ausführung ihrer Aufgaben haben.
Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Auftraggebers:
Ein weiteres Indiz für Scheinselbstständigkeit ist die Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Auftraggebers. Wenn die selbstständige Person eng in die Strukturen und Abläufe des Auftraggebers eingebunden ist, ähnlich wie ein Angestellter, könnte dies als Anzeichen für eine abhängige Beschäftigung gewertet werden.
Fehlende unternehmerische Gestaltungsfreiheit:
Selbstständige zeichnen sich durch ihre unternehmerische Gestaltungsfreiheit aus. Wenn die Person jedoch keinerlei Einflussmöglichkeiten auf ihre Arbeitsbedingungen hat, keine unternehmerischen Entscheidungen treffen kann und keine unternehmerischen Risiken trägt, könnte dies auf Scheinselbstständigkeit hinweisen.
Kriterien Scheinselbstständigkeit: Persönliche Abhängigkeit
Die persönliche Abhängigkeit von einem Auftraggeber kann auch ein Kriterium für Scheinselbstständigkeit sein. Wenn die selbstständige Person ausschließlich oder überwiegend für einen Auftraggeber arbeitet und von diesem wirtschaftlich abhängig ist, wird dies eher als abhängige Beschäftigung betrachtet.
Es ist wichtig zu betonen, dass nicht jedes Kriterium allein ausreicht, um Scheinselbstständigkeit zu diagnostizieren. Vielmehr wird eine Gesamtbetrachtung aller Umstände vorgenommen. Die genannten Punkte sollen dabei helfen, eine Einschätzung zu geben, ob die Selbstständigkeit tatsächlich selbstbestimmt und eigenverantwortlich ausgeübt wird oder ob die Merkmale einer abhängigen Beschäftigung vorliegen. Bei Unsicherheiten ist eine individuelle rechtliche Beratung ratsam.
Folgen für den Selbstständigen:
Wenn die Selbstständigkeit aufgrund der Kriterien als Scheinselbstständigkeit eingestuft wird, kann dies dazu führen, dass der Selbstständige nachträglich als sozialversicherungspflichtiger Arbeitnehmer betrachtet wird. Das bedeutet, dass Beiträge zur Sozialversicherung nachgezahlt werden müssen.
Folgen für den Auftraggeber:
Auch der Auftraggeber kann von rechtlichen Konsequenzen betroffen sein. Wenn eine Selbstständigkeit nur vorgetäuscht ist, kann der Auftraggeber dazu verpflichtet werden, Sozialversicherungsbeiträge nachzuzahlen.
Abgrenzungskriterien zur Scheinselbstständigkeit:
Um sich vor Scheinselbstständigkeit zu schützen, ist es wichtig, dass Selbstständige eine klare Abgrenzung zur abhängigen Beschäftigung haben. Dazu gehört die eigenverantwortliche Organisation der Arbeit, das Tragen unternehmerischer Risiken und die Möglichkeit, für mehrere Auftraggeber tätig zu sein.
Eigenverantwortliche Organisation der Arbeit:
In einer selbstständigen Tätigkeit hat die Person die Freiheit, ihre Arbeit eigenverantwortlich zu organisieren. Das bedeutet, dass sie selbst darüber entscheidet, wann, wo und wie die Aufgaben erledigt werden. Eine klare Abgrenzung zur abhängigen Beschäftigung besteht, wenn die Person nicht nur formal, sondern auch in der Praxis die Kontrolle über die Arbeitsgestaltung hat.
Tragen unternehmerischer Risiken:
Selbstständige tragen üblicherweise unternehmerische Risiken. Das beinhaltet finanzielle Aspekte wie die Investition in eigene Arbeitsmittel, das Risiko von Gewinn oder Verlust sowie die Verantwortung für die eigene betriebliche Organisation. Das Tragen solcher Risiken ist ein wichtiges Abgrenzungskriterium zur abhängigen Beschäftigung.
Möglichkeit für mehrere Auftraggeber:
Ein weiteres Merkmal selbstständiger Tätigkeit ist die Möglichkeit, für mehrere Auftraggeber tätig zu sein. Abhängig Beschäftigte arbeiten in der Regel ausschließlich für ihren Arbeitgeber. Wenn die selbstständige Person jedoch mehrere Kunden oder Auftraggeber hat und ihre Dienstleistungen am Markt anbieten kann, spricht dies eher für Selbstständigkeit.
Freiheit bei der Preisgestaltung:
Selbstständige haben üblicherweise die Freiheit, ihre Preise selbst zu gestalten. Dies umfasst die Verhandlung von Honoraren und die Bestimmung der eigenen Marktposition. In einer abhängigen Beschäftigung sind die Gehälter in der Regel fest vorgegeben.
Freie Wahl der Arbeitsmittel:
Selbstständige haben die Freiheit, ihre Arbeitsmittel selbst auszuwählen. Das schließt die Entscheidung über die notwendigen Werkzeuge, Technologien und Ressourcen ein. In einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis werden diese in der Regel vom Arbeitgeber gestellt.
Diese Kriterien dienen dazu, die unternehmerische Eigenständigkeit und Unabhängigkeit der selbstständigen Person zu verdeutlichen. Wenn diese Aspekte erfüllt sind, spricht vieles für eine selbstständige Tätigkeit. Allerdings ist auch hier eine individuelle Bewertung unter Berücksichtigung aller Umstände ratsam, um sicherzustellen, dass keine Anzeichen für Scheinselbstständigkeit vorliegen.
TIPP:
Es ist wichtig, die aktuellen gesetzlichen Bestimmungen zu beachten, da diese sich ändern können. Im Zweifelsfall ist es ratsam, rechtlichen Rat einzuholen, um mögliche Risiken zu minimieren und rechtliche Anforderungen zu erfüllen.